Feature: Grafikerin und Illustratorin Elvira Stein

Elvira Stein ist gerade 33 Jahre alt geworden und lebt und arbeitet als selbstständige Grafikerin und Illustratorin in Wien. Wir haben Elvira letztes Jahr im Rahmen des BLOGGERS CHOICE | Pop-Up Stores kennengelernt und bewundern ihre tolle Arbeit schon seit längerem. Denn neben tollen Schaufenster- und Speisekartengestaltungen, hat Elvira auch eine eigene Produktlinie und verkauft wunderbare Prints, Tote Bags und Kalender! Wir haben mit ihr über den aktuellen Handlettering-Trend, ihre Arbeit und ihre Zukunftspläne gesprochen.

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Handlettering liegt aktuell voll im Trend. Aber was ist Lettering eigentlich genau und welche verschiedenen Arten gibt es?
Bei Lettering geht es um Schriften, die von Hand gemalt sind. Die Entwürfe werden digital weiterbearbeitet oder direkt vor Ort auf eine Tafel oder ein Schaufenster geschrieben.

Sometimes i think, lettering is just about the inspirational quotes on the internet. That’s okay, too <3

Was glaubst du: Warum liegt das Schreiben und Zeichnen mit der Hand wieder so im Trend?
Die handgemachte Anmutung von Illustrationen und Schriften stellt einen Gegensatz zu digitalen Designs und Oberflächen dar. Es ist immer etwas Einmaliges, und das spürt man. Dann gibt es gerade eine sehr breite Bewegung, Dinge selbst zu machen – von Stricken bis Mandelmilch herstellen (ich weiß, wovon ich rede!). Es macht Spaß und ist sehr unmittelbar, und man lernt was Neues!

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Wie lange beschäftigst du dich bereits mit diesem Thema und wie bist du dazu gekommen?
Ich war bereits Grafikerin und hatte einige Jahre von Hand illustriert – durch mein „Mistress Diary“ habe ich mit Handschrift, Tusche und Feder experimentiert. Als sich die Möglichkeit ergeben hat, mit Schrift in einem größerem Maßstab zu arbeiten, war ich aufgeregt, habe aber keinen Moment gezögert. Ich habe Lettering „beim Machen“ gelernt, und fände total spannend zu wissen, wie andere an diese Aufgabe heran gehen!

Woher kommt deine Leidenschaft dafür?
Das eine ist meine große Liebe für Typografie, ganz gleich in welchem Medium. Schriften, Inhalte, Textsatz, Detailtypographie, Webfonts – das ist echt meins. Auf der anderen Seite mache ich gerne Dinge von Hand, improvisiere vor Ort, das kann ich alles bei Beschriftungen ausleben. Ich finde außerdem wunderschön, wie ich mit meiner Arbeit eine zusätzliche Qualität zu Orten hinzufügen kann. Die Handschrift fügt sich in die Erzählung eines Ortes, so wie die Architektur, Licht oder andere Dinge – sie trägt dazu bei, wie ein Ort von seinen Besuchern wahrgenommen wird.

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Mittlerweile sieht man auch immer mehr gezeichnete Schaufenster und Menütafeln bei Shops und Restaurants und auch du gestaltest Schriften und Co für verschiedenste Unternehmen. Wie ist es dazu gekommen? Wäre dieser Berufszweig vor ein paar Jahren auch schon möglich gewesen?
Ja, mir fällt das auch auf, dass es mehr wird. Ich denke, da steckt eine positive Dynamik dahinter – was der eine hat, will der andere irgendwann auch. Nach einer Phase, in der alles immer digitaler und „perfekter“ wurde, stellte die Handschrift plötzlich einen Gegenpol dar – und für Unternehmer durchaus auch ein Alleinstellungsmerkmal. Es ist interessant wie etwas, das vor einiger Zeit noch Standard war – nämlich Dinge von Hand schaffen – inzwischen etwas Besonderes ist!

Wie sieht so eine Entwicklung von der Idee, bis zum fertigen Kunstwerk bei dir aus? Welche Arbeitsschritte liegen dazwischen?
Zuerst bespreche ich mit meinen Auftraggebern ihre Vorstellung und die Inhalte. Danach mache ich Skizzen und Schrifttests. Ich schaue immer, was passt zum Ort, zur Atmosphäre? Ist es gut lesbar und erfüllt es seinen Zweck? Ich bin sehr gut darin, strukturiert zu arbeiten. Wenn der Kunde mit dem Vorschlag einverstanden ist, schreibe und zeichne ich in echt, in groß.

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Woher holst du dir deine Inspiration für deine Arbeiten? Gibt es vielleicht auch andere Künstler, die du toll findest?
Uh, wow. Ich laufe mit offenen Augen durch die Stadt (und durchs Internet). Wenn ich in anderen Städten oder auf Reisen bin, fallen mir immer viele Schilder und Schriften auf – Letterings gibt es überall, aber die Ausführung und der Stil sind immer ein wenig anders. Aber ich recherchiere selten absichtlich Letterings. Das führt oft dazu, dass ich beginne, mich mit anderen zu vergleichen und so eine nutzlose Selbstzweifel-Spirale in Gang setze. Dabei finde ich es total cool, dass verschiedene Leute so viele tolle Sachen machen! <3 Am Ende muss man auf seine eigenen Fähigkeiten, seinen Stil, seine "Handschrift" vertrauen. Und auf seine Erfahrung. elvira-stein-welcome-to-the-supersense-diary

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Kannst du dich noch an deinen ersten Handlettering-Versuch erinnern?
Erstes Schaufenster: Hafenjunge. Erste große Tafel: Joseph Brot. Das ist sind die ersten Male, an die ich mich erinnere!

Ohne welchem Werkzeug könntest du nicht arbeiten?
Für kleine Formate: Tusche und Feder. Das ist mein Werkzeug zum Schreiben und Zeichnen. Bei großen Sachen, kann ich nicht auf Kreide oder Lackstifte mit verschiedenen Spitzen und Breiten verzichten. Außerdem: Klebebänder. Mein Farbschema ist sehr schwarz/weiß. Maximaler Kontrast, yay!

Hast du vielleicht Tipps und Tricks für alle, die auch gerne Handlettering lernen würden? Gibt es vielleicht tolle Bücher dazu oder Materialtipps?
Ich bin überzeugt, dass jede*r Spaß am Zeichnen und Schreiben haben kann, wenn er oder sie das richtige Werkzeug findet. Ich „konnte“ erst zeichnen, als ich Tusche für mich entdeckt habe! Für Lettering im Sinn von „Bilder aus Worten machen“ finde ich die Stifte von Tombow super – sie haben zwei Spitzen und es gibt so viele schöne Farben. Aber einfach ausprobieren. Stifte mit denen man sich wohlfühlt, machen wirklich viel aus.

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Neben deinen Auftragsarbeiten hast du auch eigene Produkte. Wie kam’s dazu?
Es ging mir um Dinge zum Anfassen, ausprobieren von Drucktechniken, und Autorin eigener Produkte sein. Tatsächlich müsste ich mich von ganzem Herzen darum kümmern, damit das gut ist und gut läuft. Im Moment sind meine Webdesign-Jobs, die Lettering-Aufträge, meine neue Wohnung (einrichten! dekorieren!), oder Wing Chun wichtiger für mich. Das kann sich aber auch wieder ändern <3 Wo kann man deine Karten, Prints und Co überall kaufen?
Im Online-Shop, manches im Hafenjunge, und ich mache immer wieder bei Pop-up-Shops mit.

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Das neue Jahr hat gerade erst gestartet. Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Ein glücklicher, ausgeglichener Mensch sein und nicht nur overworked & overwhelmed (hallo, letztes Jahr!). Das wichtigste (und schwerste) daran ist, zu den richtigen Projekten ja zu sagen und Projekte abzulehnen. Um frei zu denken und gestalten zu können, braucht man Zeit zum Durchatmen.
Inhaltlich gesehen: Ich möchte bei Webdesign an aktuellen Entwicklungen dranbleiben, weil mich das sehr interessiert und ich viel Erfahrung aufgebaut habe. Gleichzeitig möchte ich Beschriftungen stärker etablieren und freue mich über Anfragen im Bereich „teaching“.

Danke für deine Zeit, Elvira!

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Das Interview führte Petra Gschwendtner. Alle Fotos von Elvira Stein. Das Foto von Elvira beim Schreiben ist von Jürgen Grünwald.

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